Ewiges Leben in Tüten und Säcken
Der Machtkampf ums Saatgut
Eingesackt und abgepackt liegt das neue Leben in den Scheunen und Lagerhallen. In Millionen von Tütchen lagert es in den Regalen, alten Schraubgläsern und auf Fensterbänken. Unter Schnee und Eis liegt es in unzähliger Menge in den Äckern und Feldern.
Eine ungeheure Kraft lauert in den runden Kügelchen, in den winzigen Ellipsen und unterschiedlichsten Formen. Im Frühling verändert Sich die Welt. Nichts ist wichtiger als dieser wiederkehrende Überfluss, kein Tier könnte leben, kein Mensch essen und arbeiten, ohne diesen ständigen Nachschub an Samen für Gräser, Getreide, Gemüse und Früchte. Mit einer Handvoll Samen bestelle ich einen Garten und mit den geernteten Samen ein ganzes Feld. Es ist das Prinzip der ständigen Vermehrung, das die Ernährungsgrundlage einer wachsenden Bevölkerung sichert.
Samen speichern das Leben. Sie sind ein ständig sprudelnder, kostenloser Reichtum, solange sie ihre Fähigkeit behalten, sich mit ihren Eigenschaften immer wieder zu reproduzieren und zu vervielfachen. Was wie selbstverständlich klingt, ist längst nicht mehr Realität. Moderne Pflanzensorten sind oft nicht vermehrungsfähig.
Wer ihre Samen aussät wird nichts brauchbares ernten weil sich diese Pflanzen in der folgenden Generation in unterschiedliche Formen aufspalten. Bei Mais, Brokkoli, Spinat, Tomaten, Rüben u.a. haben moderne Saaten die natürlichen Sorten längst verdrängt. Was die Natur vor Millionen von Jahren sinnvoll erfunden hat, sich nahezu identisch von Generation zu Generation zu vererben, hat die Hybridzüchtung innerhalb kurzer Zeit außer Kraft gesetzt. Die Nachkommen der modernen Saaten können die Welt nicht mehr ernähren. Dafür ist der ökonomische Nutzen für die Saatgutkonzerne unübersehbar. Denn Saaten, die für den Nachbau nichts taugen, müssen immer wieder neu gekauft werden. Etwa 75 % des Saatgutes ist weltweit heute noch in der Hand der Landwirte die es auf natürliche Weise vermehren, weil sie einen Teil der Ernte als Saatgut nutzen. Zweifelsfrei handelt es sich um einen riesigen Markt, wenn es gelingt, die Landwirte dazu zu bringen, immer neues Saatgut zu kaufen, statt altes nachzubauen.
Die Markteinführung von Hybridsorten spielt eine ähnliche Rolle wie die Strategie, die Landwirte zur Zahlung von Nachbaugebühren und Lizenzen für patentiertes Saatgut zu verpflichten.
Während in dem Fall zusätzliche Kosten den Nachbau unwirtschaftlich machen oder kriminalisieren, zwingt im anderen Fall ein untaugliches Saatgut zum Neukauf.
Auf die Spitze getrieben wird diese Entwicklung übrigens mit der Terminator-Technologie, eine gentechnische Manipulation (Einbau von Selbstmordgensequenzen ), die eine Unfruchtbarkeit in der nächsten Generation garantiert. Ein bewährtes System des menschlichen Miteinanders ließ über Auslese, Austausch und dem Kreuzen neuer lokaler Sorten weltweit über 200.000 örtlich angepasste Weizensorten entstehen, ließ Gerstensorten wachsen, die sich in 4.000 Metern Höhe oder in den heißesten und kargsten Gegenden immer noch bewähren. Dieser innovative Prozess, der über Jahrhunderte das Saatgut in einer ungeheuren Vielfalt entwickelte, sichert nicht nur das Leben sondern auch die Souveränität der Menschen.
Mit ihren Marktstrategien und der modernen Pflanzentechnologie sind die Konzerne im Begriff, das natürliche System traditioneller Ernährungssicherung aufzulösen. Wenn nicht gegengesteuert wird, werden nicht mehr Millionen von Landwirten durch ihre Aussaaten die Fortpflanzung unserer Nahrung sichern, sondern die Techniker in den Labors einer handvoll multinationaler Unternehmen.
(Auszug aus Tagwerkzeitung)
Sicher werden Sie sich jetzt fragen : Was hat das alles mit Senf zu tun? Senf gehört genau wie Raps zur Familie der Kreuzblütler. In einem ausführlichen Test des Magazins “Ökotest” wurden mehrere Senfe getestet. Bei Herstellern, die kanadische Senfsaat verwendeten fand man Spuren von genmanipulierten Raps. Der Raps hatte die Senfsaat auf den Feldern verunreinigt. Aus diesem Anlass und nicht zuletzt wegen der aktuellen Gentechnik-Versuche in Sachsen-Anhalt möchten wir Ihnen ein Interview, welches Andreas Bauer vom Umweltinstitut München mit dem kanadischen Landwirt Percy Schmeiser führte, nicht vorenthalten.
Beitragsbild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-19956–0001,_Kontrolle_von_Saatgut.jpg