Kalbsnieren mit körniger Senfsoße
Kochen macht Spaß. Kochen macht noch mehr Spaß mit einem gewissen Grundsystem, was die Ordnung in der eigenen Küche betrifft. Doch Systeme und Menschentypen gibt es nun mal viele. Da gibt es den etwas junggesellenhaft wirkenden Zeitgenossen, der mit wenigen aber bedachten Kochutensilien auskommt und mit einer gewissen Gelassenheit und Nonchalance seinem eigenen Ordnungs-Sinn vertraut. Es gibt den Hobbykoch, der in seiner Designer-Küche voller Stolz den Spaghetti-Löffel schwingt.
In seinem „Kochequipment- Fuhrpark“ hat jedes Kochutensil seinen vorbestimmten Platz. Nicht zu vergessen ist jener Menschenschlag, der, ausgestattet mit Einbauküche und Geschirrspüler praktisch überhaupt nicht kocht. Da kein brauchbares Kochwerkzeugzeug vorhanden, herrscht auch meistens Ordnung. Es gibt auch noch die von den „jungen Wilden“ inspirierten Gelehrten, die oft durch eine allzu anarchistische Auslegung ihrer Kochkünste im eigenen Chaos zu versinken drohen. Dann doch etwas sympathischer: Der Total- Purist, der mit einem Messer und einer Kochplatte + Pfanne ein exzellentes Menü zaubert. Und natürlich die verschiedensten Mischformen. Doch so richtig interessant wird es erst, wenn zwei verschiedene Geschlechter aufeinander treffen.
Obwohl sich (da eher mit der ersten Gruppe sympathisierend) mein Bedürfnis nach einem peniblen Ordnungs-Management in der eigenen Küche in Grenzen hält, kommt man wohl von Zeit zu Zeit nicht um hin, etwas angehäuften Ballast abzuwerfen. Neulich wurde mir von meiner „besseren Hälfte“ aufgetragen: Du könntest auch mal deinen Küchenschrank aufräumen! Ach so. Plötzlich war es also mein Küchenschrank. Was ist aber in diesem Fall zu tun, wenn das Ordnungsempfinden zweier Individuen unterschiedlicher nicht sein kann? Blockadehaltung einnehmen, Konfrontationsmethode anwenden oder doch gleich den vorgetragenen Appell befolgen? Eigentlich fast egal. Es wirkt entweder wie das letzte Aufbäumen eines gebrochenen Kapitäns oder wie eben bei letzterer Variante ganz nach dem Motto: Na schaut ihn euch doch an: So sieht das bedauernswerte Dasein eines Ehetrottels aus! Sollte ich mich etwa auf eine Küchenhierarchie einlassen und mich ihrer Ordnung unterwerfen? Das klingt nach Scheitern.
Also doch der Kompromiss? Einer von so vielen? Ja!
Bereut habe ich ihn allerdings nicht, denn bereits nach wenigen Minuten Sortierarbeit am alten Küchenschrank hielt ich eine herausgerissene Seite einer Hamburger Frauenzeitschrift in den Händen. Darauf stellt die Spitzenköchen Lea Linster ein klassisch französisches Rezept vor:
Kalbsnieren mit körniger Senfsoße.
Das Gericht lässt sich leicht zubereiten und schmeckt wunderbar. Und das Rezeptblatt? Zum Wegwerfen natürlich viel zu schade.
Für 4 Personen benötigen Sie: 2 Kalbsnieren, 1 Schalotte, Butter, 4 cl Cognac (oder Weinbrand), 2 El leicht körnigen Senf, 200 ml Sahne, Pfeffer aus der Mühle, Salz
Am besten, Sie kaufen Kalbsnieren im Fett, dann sind sie frisch, trocken und duften fein (beim Fleischer vorbestellen). Die Nieren aus dem Fett brechen. Jede Niere der Länge nach in zwei Hälften schneiden und Fett sowie Gewebekanälchen entfernen. Nun schneiden Sie die Nierchen so, wie sie gewachsen sind, in kleine Stücke. In einer Pfanne die Butter (nicht zu wenig) erhitzen und darin die Nierenstücke goldbraun anbraten. Salzen und pfeffern. Wenn alles gut angebraten, aber nicht zu gar ist, einen Schuss Cognac darüber gießen und die Stücke flambieren. Sofort aus der Pfanne auf einen Suppenteller geben und im Backofen bei 80 Grad ruhen lassen. Inzwischen die klein geschnittene Schalotte in etwas Butter leicht anbraten, den Saft der gezogenen Nieren dazugeben und etwas einkochen lassen. Senf und Sahne mit dem Schneebesen verrühren und in der Pfanne kurz erhitzen. Die Nieren kurz hineingeben, umrühren, abschmecken und fertig. Sollten Sie keine Kalbsnieren bekommen, dann nehmen Sie Rindernieren. Die Garzeit verlängert sich hier natürlich entsprechend. Nach dem Anbraten (im Bratentopf) mit einem Schuss Wein ablöschen und mit etwas Gemüse- oder Rinderfond aufgießen. Deckel auflegen und bei kleiner Hitze schmoren lassen. Am Ende der Garzeit die Sahne- Senf-Mischung zugeben. Dazu schmecken selbstgemachte Bandnudeln oder Stampfkartoffeln.
Guten Appetit!